Thursday, January 12, 2012

the difference

"Sei vorsichtig." - "Pass auf." - "Nein, das ist zu gefährlich." - Diese Sätze bekommt hier in Amerika jedes Kind ungefähr 50x am Tag zu hören. Mir ist das schon aufgefallen, als ich gerade mal ein paar Tage hier war, und auch jetzt nach 2 1/2 Jahren könnte ich mich noch jeden Tag darüber aufregen, bzw. sogar noch mehr als am Anfang.

Die Kinder hier werden in einen riesigen Haufen Watte gepackt und am besten nochmal mit Federn zugedeckt. Ich kenne sowas aus meiner Kindheit nicht. Stundenlang durfte ich draußen mit meinen Freunden spielen, mich dreckig machen, Sand essen. Mit 10 oder 11 bin ich zusammen mit Freundinnen mit dem Fahrrad zur Schule gefahren. Ich war ab dem Alter hin und wieder auch mal alleine zuhause, bzw. mit meiner Schwester. All diese Dinge, ohne dass Mama daneben sitzt und sich Sorgen macht. Ist sie deswegen eine schlechte, unverantwortliche Mutter? Nein, beim besten Willen nicht, meine Mama ist die beste Mama die es gibt und ich bin froh, so eine Kindheit gehabt zu haben. Sie hat mich Kind sein lassen, spielen, Spaß haben lassen. Hat es mir geschadet? Nein, ich lebe noch und habe die tollsten Erinnerungen an die Zeit. Wir sind im Wald rumgelaufen, haben Hütten gebaut, sind zum nächsten Bach angeln gegangen, durch die Siedlung gelaufen, von Spielplatz zu Spielplatz. Natürlich muss man dazu auch sagen, dass ich in einer kleinen Stadt aufgewachsen bin und wir immer in sicheren, kleinen Nachbarschaften gewohnt haben.

Dennoch wäre so etwas hier undenkbar. Es fängt schon in den Kindergärten an, die oft abgesichert sind wie das Weiße Haus. Ich habe ja nun die letzten Monate in der Daycare gearbeitet und musste mir wirklich das Lachen darüber verkneifen, wie paranoid die Menschen hier sind. Die Kinder werden morgens erst von den Eltern im Computer eingetragen, dass sie da sind, und anschließend noch auf zwei Listen im Klassenraum. Nachmittags natürlich wieder das gleiche Spiel beim Abholen. Sollte aus Versehen mal eine Unterschrift vergessen werden, gibt es ein riesiges Drama. Die Kinder werden keine Sekunde aus den Augen gelassen, alle Klassenräume sind durch Schlösser verriegelt, die Türen nach draußen mit einem Alarm der jedes Mal laut piept, wenn jemand die Tür öffnet. Alleine zur Toilette gehen dürfen die Kinder auch nicht.
Ich habe ja nun den Vergleich, da ich in Deutschland auch 14 Monate im Kindergarten gearbeitet hab. Dort gibt es solche verrückten Regeln nicht, es steht noch der Spaß der Kinder im Vordergrund. Sie dürfen spielen wie sie wollen, zu bestimmten Zeiten auch im gesamten Kindergarten umherlaufen, dürfen drinnen oder draußen spielen, alleine zur Toilette gehen.. Es wird einfach kein Drama drum gemacht. Das soll nicht heißen, dass Kindergärten in Deutschland unsicher sind, auf keinen Fall. Natürlich gibt es auch einen Zaun, der das gesamte Gelände umgibt, das Haupttor ist auch abgeschlossen, sodass niemand raus kann und die Eltern müssen ihre Kinder beim Lehrer "abmelden" wenn sie abgeholt werden. Aber wie man sieht geht es auch so, mit einer ganzen Menge weniger Regeln und Vorschriften. Dort ist schließlich auch noch kein Kind verschwunden oder zu Tode gekommen.

In den amerikanischen Haushalten geht das Abschirmen vor Gefahren weiter. Ich habe in drei Gastfamilien gelebt und besonders bei Familie Nummer 3 ist mir dieses Theater gewaltig auf die Nerven gegangen. Zur Erinnerung, die Kinder sind 8 und 11. Der "Kleine" durfte zu keiner Zeit alleine draußen sein, durfte beim besten Willen nicht alleine zum Nachbarshaus gehen und fragen ob sein Freund spielen kann, durfte nicht auch nur in die Nähe einer Straße kommen. Außerdem musste er im Haushalt von vorne bis hinten bedient werden, weil die Küche ja zu gefährlich ist für ein Kind in seinem Alter.

Natürlich kann ich verstehen, dass Eltern ihre Kinder beschützen wollen und Angst um sie haben. Aber irgendwo sollte auch mal gut sein. Nur weil ein Kind mal für 10 Minuten alleine in einem Raum gelassen wird, heißt es nicht, dass es tot umfällt. Es ist meiner Meinung nach alles eine Frage der Erziehung. Man muss seinen Kindern beibringen, wo Gefahrenquellen liegen, was die Kinder dürfen und was nicht, einfach wo die Grenzen liegen. Und dann werden die Kleinen das schon auf die Reihe bekommen. Man möchte sie doch schließlich auch ein bisschen zur Unabhängigkeit und Selbstständigkeit erziehen, oder? Sie müssen selbst ihre Erfahrungen machen, Abenteuer erleben und daraus lernen. Wie schon gesagt, ich habe so viel aus meiner Kindheit gelernt, so viele tolle Erfahrungen gehabt. Und trotzdem wusste ich zu jeder Zeit, wo meine Grenzen sind und dass da eine Mami hockt, die sich natürlich Sorgen macht.

Wie denkt ihr darüber?

9 comments:

  1. oooh ich habe diesen beitrag mit freude gelesen:D du hast sooooo recht!! ich reg mich auch jeden tag wider mal auf wenn meine gasteltern mal wider mit der sicherheit übertreiben:D mein kleiner ( 6 jahre alt) darf nicht von der Bushaltestelle alleine nach Hause laufen:D man sieht die haltestele von unserem haus aus, es sind etwa 20 meter:DD aber was da alles passieren kann^^ und es ist noch nicht mal an einer hauptstrasse oder sowas:D ne anstelle das er einfach selbst nach hause läuft, muss ich mit dem baby dort warten bis er kommt, und der bus kommt einfach NIE zur selben zeit! einmal musste ich 10 min im regen samt baby warten weil der bus nicht kam. (konnte ja auch nicht nach hause, wer weiss sonst währe er wahrscheinlich entführt worden^^

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  2. ganz besonders super fand ich auch immer, das man bei aktivitäten der kids, seis tanzen, baseball oder schwimmen während des trainings immer daneben sitzen musste. hier in deutschland wird das kind abgegeben und die eltern können noch bissl was erledigen in der zeit. aber nein, hier muss man nebenbei sitzen bleiben, es könnte ja während einer 60min betreuten trainingszeit etwas passiren...haha, ich finde dein text klingt richtig erleichternd, als hättest dus einfach mla rauslassen müssen:)

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    1. Meine Kids durften schon mit 5 allein auf der Straße mit den Nachbarskids spielen und durften auch mal mit ihren Freunden allein in einen naheliegenden Park. Und das durften auch alle Kinder bei uns in der Nachbarschaft. Ich finde, das kannst du nicht so verallgemeinern!

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    2. Okay, man kann es vielleicht nicht verallgemeinern, aber ich habe ja auch über meine Erfahrungen gesprochen. Alle Familien in denen ich gelebt hab und auch die Familien meiner Freunde waren alle ziemlich pingelig was das Thema angeht.

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  3. Ich sehe das auch so wie du... Natürlich ist Vorsicht okay, aber man kann es auch wirklich übertreiben. Mir fällt da ein Beispiel an: Ich von irgendeiner Mutter gehört, dass ihr Kind sich super oft die Hände waschen muss (also wirklich öfters als man das so kennt) und es wurde einfach total penibel auf Hygiene und Sauberkeit geachtet. Und dann wundert die Mutter sich, warum das Kind Allergien und sonstige Krankheiten bekommen hat... Abwehrkräfte hat das Kind natürlich keine, wie sollte es die auch entwickeln?
    Natürlich kann man es nicht verallgemeinern und sagen, dass jedes Kind mit 5 Jahren nicht alleine draußen spielen darf. Aber ich denke schon, dass man verallgemeinern kann, dass die Kinder in den USA viel stärker auf Vorsicht achten müssten als in Deutschland. Und damit meine ich jetzt wirklich die übertriebene Vorsicht, die du (Sina) ja auch schon beschrieben hast.
    Ich bin froh, dass das bei meiner Gastfamilie nicht so krass war wie in anderen Familien. Aber insgesamt schließe ich mich dir da schon an, was dieses Thema betrifft.

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  4. Ich denke man kann sich darüber schwer ein Bild machen solange man nicht selbst Mutter ist. Solange man nicht weiß, was für eine Liebe man zu einem Kind haben kann und was im Kopf einer Mutter vor sich geht.
    Außerdem hängt das Ganze auch von äußeren Einflüssen ab - wo wohnt man (große Stadt, Vorort, kleines Dorf; wie ist die Nachbarschaft aufgebaut; wie ist der Verkehr etc.) und in welcher Zeit man aufwächst. Ich würde nicht sagen, dass die Welt früher sicherer war, aber vielleicht dass Unfälle, Kinderentführungen und alle weiteren schlimmen Vorfälle noch nicht so publik waren. Durch solche Vorfälle wächst die Angst und ich finde das mehr als verständlich.
    Und zu der Anwesenheit bei den Aktivitäten: Vielleicht wollen die Mütter dabei sitzen? Als ich Aupair war musste man bei keiner Sportart oder Geburtstagsfeier oder ähnlichem dabei sein. Das haben die Mütter freiwillig gemacht, weil sie ihren Kindern zugucken wollten UND weil sie wussten dass es ihre Kinder glücklich macht von ihren Eltern angefeuert zu werden. Und als Aupair ist das dein Job - man muss sich ja nunmal um nichts anderes kümmern, arbeiten gehen, oder einkaufen, das Haus putzen, Dinge die Mütter noch nebenbei erledigen. Als aupair bist du für die Kinder da, weil deine Gasteltern arbeiten und es nicht können. Die wenigstens Gasteltern holen sich Aupairs damit sie ihre Kinder herumfahren, absetzen und dann verschwinden bis die Aktivität zuende ist. Sondern damit die Aupairs die Rolle übernehmen, die die Eltern nicht können weil sie arbeiten müssen. Das würde ich von meinem Aupair auch erwarten. Und ich persönlich fand es immer toll meinen Kids bei ihren Aktivitäten zu zugucken und war stolz auf sie!
    Habe ich selbst oft mit Freunden auf der Straße gespielt? Ja. Denke ich, dass Kinder Eigenverantwortung lernen müssen? Ja. Finde ich, dass manche Eltern es teils übertreiben? Ja! Finde ich die geschilderte Situation in der Küche absolut übertrieben? Ja! Aber ich kann es bis zu einem gewissen Punkt verstehen! Ich kann die Angst verstehen, bei all dem was in der Welt passiert und wenn die Anwesenheit eines Aupairs einem diese Angst nehmen kann ist das toll. Es ist nicht immer leicht, aber oft bekommt man eine ganz andere Sicht auf Dinge, wenn man sich in die Lage der anderen Person (hier der Eltern) versetzt.

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  5. Wir sind vor 11 Monaten mit unseren Kinder (8 und 13 Jahre alt) von D in die USA gezogen. Ich habe jetzt einen guten Vergleich, wie sich das Leben unserer Kinder geändert hat oder auch nicht.

    In Deutschland sind meine Kinder auf jeden Fall viel mehr zu Fuß oder per Fahrrad unterwegs gewesen als hier! Aber wir wohnten in einem größeren Dorf und hatten Bürgersteig usw. Hier gehn ja auch die Erwachsenen nirgendwohin zu Fuß, also wieso sollte man die Kinder schicken...

    Unsere Kinder dürfen draußen alleine spielen, insofern sie in einem Grüppchen sind. Es gibt aber manche Mütter hier, die lassen ihre Kinder nicht draußen, ohne mit dabei zu stehen. Allerdings wohnen wir in einer Appartmentanlage, was etwas anonymer ist in Bezug auf "wer sind unsere Nachbarn...?"

    Die Zeiten in Deutschland haben sich auch geändert. Wir sind damals auch so aufgewachsen mit vielen Freiheiten, ohne Handy (wo Mama fragen konnte "wo bist du?"), waren manchmal den ganzen Tag alleine zu Hause usw. Da hat sich mit der Zeit viel geändert. Ich denke nicht, daß damals nichts passierte, aber man erfuhr es nicht so wie heute, wo wir Alles aus den Medien erfahren. Als Eltern hat man heute doch mehr Angst...

    In D fuhr meine Tochter mit dem normalen Linienbus (mit Umsteigen) zur Schule und hier holt der gelbe Bus sie ab, wo sie immer ihren festen Sitzplatz hat... Das ist bequem und sie ist viel entspannter. Die Kinder werden auf jeden Fall in der Schule mehr beschützt, alleine schon durch diesen sicheren Transport zur Schule. In der Schule hier in den USA darf man in den Fluren nicht rennen, sondern man geht immer "mit der rechten Schulter an der Wand entlang". In D rennen sie im Flur schreiend und kreuz und quer... Unsere Kinder finden diese Ordnung hier besser.

    Eine deutsche Freundin hier aus den USA waren in D im Urlaub und sie ist mit ihrer Tochter mal zu Besuch in eine deutsche Grundschule gegangen. Sie sagte, daß ihre Tochter sie schon nach kurzer Zeit darum gebeten hätte, sofort zu gehen, da es ihr einfach zu laut und zu chaotisch war...

    Es gibt auf jeden Fall sowohl in den USA als auch in D Eltern, die ihre Kinder einfach zu sehr bevormunden. Es ist halt sehr unterschiedlich und kann nicht verallgemeinert werden.

    Ja und mit dem "Dabeisitzen, wenn die Kinder z.B. Tanzen" u.ä. haben: In D wollte man nicht, daß die Eltern dabeibleiben, damit sie sich nicht einmischen und stören! Hier in den USA läßt man die Eltern dabei und alles mit anschauen, damit ja keiner ihnen einen Vorwurf machen könnte, daß irgendein Kind nicht richtig behandelt wurde...

    Ist etwas lang geworden ;-))))...
    LG aus North Carolina
    Hedda.

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  6. Ich gebe euch allen definitiv Recht, es ist auch einfach eine Meinungssache. Ich habe hier über meine Erfahrungen geschrieben und die waren nunmal genau so wie ich sie hier geschildert habe. Wahrscheinlich werde ich wirklich anders denken, sobald ich selbst Mutter bin, wer weiß. Was ich allerdings weiß, ist, dass ich mein Kind nicht vor jeder klitzekleinen Kleinigkeit beschützen bzw. abschirmen werde. Wenn es sich dreckig machen will, soll es das tun, dafür gibt es dann Duschen und Waschmaschinen.
    Natürlich kommt es auch auf die Gegend an, in der man lebt. Ich habe wie gesagt in einer sicheren Kleinstadt gelebt in meiner Kindheit, das ist natürlich nochmal etwas anderes als Las Vegas oder sonst eine Großstadt.

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  7. Sina, das kann ich nur so unterschreiben!!! Als ich 5 war sind meine Schwester (1 1/2 Jahre juenger als ich) alleine vom Kindergarten in die Innenstadt zur Arbeit meiner Mutter gelaufen. Wir mussten sogar eine Strasse ohne Ampel ueberqueren. Sind wir davon gestorben? Nein, uns wurde beigebracht nach Autos zu gucken bevor wir die Strasse ueberqueren... Wenn meine Eltern auf nen Elternabend mussten oder wir Ferien hatten und meine Mutter arbeiten war waren wir (zusammen mit meinem 3 Jahre aelteren Bruder) alleine zu Hause. Haben wir uns verletzt? Nein, haben wir nicht... Wir wussten was wir machen durften und was nicht (weil es gefaehrlich ist)... In den Ferien waren wir von morgens bis es abends dunkel war mit unseren Freunden draussen, haben aus der selben Flasche getrunken, etc... Wir haben uns nicht zehnmal am Tag die Haende desinfiziert... Sowas ist hier alles undenkbar... Wie du schon gesagt hast, die Kinder muessen in Watte eingepackt werden damit sie bloss keinen Kratzer bekommen und falls sie sich doch mal leicht weh tun bekommen meine Kinder gleich irgendwelche Medikamente... Es spricht ja nix dagegen seine Kinder sicher haben zu wollen aber Amerikaner sind eindeutig zu uebervorsichtig... Sie geben ihren Kids ja noch nichtmal die Chance zu lernen was gefaehrlich ist und was nicht... So moechte ich meine Kinder auf keinen Fall erziehen...

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